Von 2018 bis 2022 wurde von Vicente dos Santos Teixeira im Rahmen seiner Doktorarbeit die aktuelle geographische Verbreitung und Bestandszahlen von Goldkopflöwenäffchen ermittelt. Darüber hinaus wurde eine Vegetations-charakterisierung realisierter und potentieller Habitate durchgeführt. Das Ziel der Arbeit war es, neben einer Schätzung des aktuellen geografischen Verbreitungs-gebietes und der Populationszahlen, die Faktoren zu ermitteln, die die Verbreitung von Goldkopflöwenäffchen einschränken und aktuelle Bedrohungen zu identifizieren. Die Doktorarbeit konnte jetzt veröffentlicht werden.
Für AMAP hat diese Arbeit eine besondere Bedeutung, da es AMAP mit den Ergebnissen möglich sein wird, die Gebiete zu identifizieren, deren Schutz für das langfristige Überleben der Goldkopflöwenäffchen besonders wichtig sind. Darauf aufbauend, können wir Schutzprojekte entwickeln, z.B. Aufforstung von Wildtierkorridoren oder Pufferzonen, und umsetzen. Wie die Ergebnisse der Doktorarbeit zeigen, ist die auch dringend erforderlich.
Die Ergebnisse zeigen, das die Bestandszahlen und das Verbreitungsgebiet erheblich zurückgegangen sind. Im Vergleich zur letzten Schätzung von 1993 ist die Populationsgröße von 40-54.000 Individuen auf 16.522-21.822 Individuen zurückgegangen, das Verbreitungsgebiet hat sich von 22.700 km² auf 13.215 km² verringert. Das entspricht einem Rückgang der Verbreitung um 42% und der Population um 60% in den letzten 30 Jahren. Der verfügbare Lebensraum für Goldkopflöwenäffchen wurde auf 395.450 ha geschätzt, wobei 96 % (378.600 ha) dieses Gebiets im östlichen Teil seines Verbreitungsgebiets und 4 % (16.850 ha) im westlichen Teil liegen. Der östliche, küstennahe Teil des Lebensraumes wird durch Cabrucas als Landschaftsmatrix geprägt. Der westliche Teil des Verbreitungs-gebietes wir durch Rinderweidewirtschaft dominiert, verbliebene Reliktwälder sind stark fragmentiert, dadurch sind auch die noch exisitierenden Populationen an Goldkopflöwenäffchen stark isoliert und vom Aussterben bedroht. Nur 8 % (30.451 ha) des Lebensraums stehen dabei unter Schutz. Das sind das Naturschutzgebiet Una, der Nationalpark Sierra das Lontras und der Kommunalpark Boa Esperança.
Als ursächlich für den Rückgang des Bestandes ist neben der Umwandlung von Cabrucas in andere Nutzungsformen wie Eukalyptusplantagen und Rinderweidewirtschaft, die Intensivierung des Kakaoanbaus und die damit einhergehende Simplifizierung der Vegetationsstruktur der bestehenden Cabrucas. Insbesondere seit der Novellierung des Waldgesetzes von 2014, die eine Reduzierung der Schattenbäume im Cabruca auf mindestens 40 Bäume pro Hektar ermöglichte, um die Produktivität zu steigern. Traditionelle Cabrucas in Südbahia weisen mit durchschnittlich 197 Schattenbäumen pro Hektar (bei einer Varianz von 70-480 Bäumen) aber eine viel höhere Dichte an Schattenbäume und damit auch Biodiversität auf. Durch die Festlegung einer Mindestdichte und damit der Möglichkeit des Holzeinschlags, werden Cabruca zunehmend strukturell stark vereinfacht und sind als Lebensraum für die heimische Fauna oder als Korridore weniger gut geeignet. Auch für Goldkopflöwenäffchen hat eine Verringerung der Anzahl großen Schattenbäume in Cabrucas negative Auswirkungen auf die Eignung als Habitat, wie Almeida et al. 2020 zeigen konnten.
Während der Bestandsaufnahme konnte gezeigt werden, wie auch schon von Raboy et al. 2010, das Goldkopflöwenäffchen durchaus auch Habitate in höheren Lagen (über 500m) nutzen können. In Anbetracht fortschreitender Lebensraumzerstörung durch anthropogene Aktivitäten können Waldfragmente und Cabrucas in höheren Lagen als Zufluchtsorte dienen und als potentielle Schutzgebiete in Betracht gezogen werden. Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet umfasst Höhenlagen bis 1100 m, die für Land- und Weidewirtschaft eher ungeeignet sind. Potentielle Habitate müssen hier allerdings erst erfasst werden.
Erstaunlich ist das Auftreten einer Population (Gruppe) Goldkopflöwenäffchen im „Mata de Cipó“, dem Übergang vom Mata Atlântica Biom zum Caatinga Biom, weit westlich vom eigentlichen Verbreitungsgebiet und allen anderen Habitaten. Dieses Gebiet ist trockener als alle anderen Habitate, typische Nahrungsressourcen (Früchte tragende Bäume und Bromelien) wie in Cabrucas und anderen Wald-fragmenten vorhanden sind hier stark begrenzt und könnten das langfristige Überleben einschränken.Es ist unklar wie groß die Population ist und wie lange sie in diesem Fragment schon existiert. Frühere Bestandsaufnahmen konnten hier keine Goldkopflöwenäffchen nachweisen. Wenn diese Population schon immer bestand, und nicht eingeschleppt worden ist, muss in weiteren ökologischen und verhaltens-biologischen Studien geklärt werden, welche Fähigkeiten und Faktoren für deren Überleben in diesem Habitat ausschlaggebend sind.
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